Ikigai ist ein japanischer Begriff, der die Freuden und den Sinn des Lebens beschreibt (iki=Leben, gai=Sinn). Wer sich intensiv mit Sinnfragen beschäftigt, kommt an diesem Konzept nicht vorbei. Es überzeugt durch Einfachheit, Klarheit und Demut.
Ikigai ist etwas, das jeder Japanreisende spürt, weil es tief in der Kultur des Land verwurzelt ist. Es findet sich Inder hohen Servicequalität Japans, in der Aufmerksamkeit für Details, in den exakt eingehaltenen Fahrplänen der blitzsauberen Shinkansen-Züge, in den Rindfleischgerichten der Schnellrestaurants und der Hilfsbereitschaft der Menschen.
Ikigai setzt sich aus 5 Elementen zusammen:
- klein anfangen
- Loslassen lernen
- Harmonie und Nachhaltigkeit leben
- die Freude an kleinen Dingen entdecken
- im Hier und jetzt sein
Ikigai erklärt sich am Besten entlang von Beispielen.
Der beste Sushikoch der Welt
Die Dokumentation „Jiro dreams of Sushi“ erzählt das Leben des 91-jährigen Jiro Ono, der eine kleine Suhl-Bar in einer U-Bahn-Station in Tokyo besitzt. Jiro gilt als bester Sushi-Koch der Welt, ausgezeichnet mit 3 Michelin-Sternen. Er hat sein Leben dem Sushi geweiht.
Was es bedeutet, klein anzufangen, zeigt sich am Leben seines Sohnes, der die Bar übernehmen soll, nach er 30 Jahre lang (!) an der Seite seines Vater gelernt hat. Der Vater sagt: „Auch in meinem Alter habe ich keine Perfektion erreicht.“ Der Sohn sagt, es sei ein beharrliches Klettern an die Spitze, nur niemand wisse, wo die Spitze ist.
Alle 20 Jahre ein neuer Tempel
Der Ise-Schrein ist der wichtigste Tempel des japanischen Shintoismus. Er wird alle 20 Jahre ab- und wieder neu aufgebaut. So geht es seit 1.200 Jahren. Muschelzypressen werden angebaut, deren Holz für die Balken des Tempels verwendet wird. Sie müssen bis zu 200 Jahre alt sein, damit die Banlkenlänge stimmt. Die verwendeten Techniken überbi tz eine Generation an die nächste, etwa die Fähigkeit, den Schrein ohne einen einzigen Nagel zu bauen.
Loslassen lernen, Harmonie und Nachhaltigkeit leben – das kommt in diesem ständigen Updaten des Tempels zum Ausdruck. Es ist m.E. eine starke Metapher. Warum bauen wir nicht Unternehmen alle 20 Jahre ab, um sie wieder aufzubauen? Alle 20 Jahre Neubau mit Blick auf die Ewigkeit – das ist doch ganz etwas anderes als permanenter Relaunch oder Change ohne Mitte.
Wie frisch gefallener Schnee
Im „Kopfkissenbuch„, das ca. 1.000 v. Christi von einer Hofdame verfasst wurde, erzählt diese, als wäre sie erst am gleichen Morgen zur Welt gekommen wie frisch gefallener Schnee. „Kindergesichter“, schreibt sie, „die auf Melonen gemalt sind. Spätzlein, die herbeigehüpft kommen, wenn man sie durch leises Pfeifen anlockt.“
Wir sind im Hier und Jetzt, achtsam und wertschätzend erfreuen wir uns an kleinen Dingen.
Wenn wir so auf Purpose blicken, dann geht es um ein Lebensgefühl. Wir spüren den Wert von Purpose, ohne auf diesen direkt loszugehen. Ein Gefühl für Ikigai zu bekommen ist vielmehr so etwas wie das Vertrauen darauf, dass Purpose sich im Sein, im Tun und im Empfinden offenbart.