Wie formuliere ich einen Corporate Purpose so, dass er stark wirkt? Dass er echt ist und kein austauschbares Blabla? In diesem Beitrag findet ihr 10 Tipps aus der Praxis und 10 Beispiele.
Vorweg ein Vorschlag für den Prozess. Ich empfehle ich Lean Storytelling, schnelle, kleine Schritte, die es mir ermöglichen, schnell zu lernen und zu immer besseren Ergebnissen zu kommen. Für den Prozess des Formulierens würde ich eine kleine Gruppe von Mitarbeitern autorisieren, die sich eng mit allen Stakeholdern vernetzt und immer wieder Feedback einholt.
10 Tipps, um authentische Corporate Purpose Statements zu verfassen
1. Fasse dich kurz!
In einem herausragenden Corporate Purpose Statement zählt jedes Wort. Die Regel ist nicht, je mehr Worte wir verwenden, desto aussagekräftiger. Im Gegenteil: Das Knappe gewinnt.
Beispiel Netflix: To entertain the world.
Vier Worte, die alles sagen, ohne sich in Details zu verlieren. Auch die Ambition kommt hier deutlich zum Ausdruck – Netflix ist ein globaler Player. Schließlich lässt das Wort „Entertain“ offen, was genau Netflix eigentlich macht, keine Beschränkung auf ein Streaming-Angebot für Serien und Filme.
2. Erzähle von einer Reise!
Ein herausragendes Corporate Purpose Statement erzählt eine kleine Geschichte. Es deutet eine Reise an, ohne sie zu erzählen. Diese Reise findet nur im Kopf der Zuhörer oder Leser statt, indem diese ganz automatisch beginnen, ihre Einbildungskraft zu nutzen, um das Statement in ihrem Sinne auszumalen. Wenn das passiert, dann verankert sich die Formulierung ungleich stärker, sie wird viel leichter erinnert. Nicht nur das: Sie wird übernommen.
Beispiel REI: To awaken a lifelong love of the outdoors, for all.
Der amerikanische Outdoor-Ausrüster REI nutzt 10 Worte. Sein Purpose weckt nicht nur starke Emotionen, wenn ich ihn lese, fühle ich, dass ich in die Natur gehöre. Darüber hinaus wirkt diese Formulierung fast stärker nach innen. Was machen wir hier, warum existieren wir: damit diese Liebe für Outdoor Sport in unseren Kunden erwacht, jedes Mal wieder, wenn sie unsere Läden betreten oder online shoppen.
3. Sei inspirierend!
Was genau ist ein inspirierendes Purpose Statement? Ich würde sagen, es ist eins, das du spürst, weil es so etwas wie Poesie in sich trägt. Es ist wie eine gute Gedichtzeile: Gewagt und wie ein Funke, der auf dich überspringt.
Beispiel Apple: Think different.
Diese zwei Worte von Apple sind der Inbegriff des Unternehmens und seiner Kunden. Mehr geht nicht. Die Formulierung ist ein sanfter Imperativ. Sie wirkt nach innen und nach außen mit größter Klarheit. Zugleich ist sie absolut offen und wird erst durch klare Produkte oder Werte oder nach außen durch die Werbeplakate mit den Menschen, die anders denken, konkreter. In jedem Fall fordert es mich ohne Umschweife zum Handeln auf.
4. Sei emotional!
Längst nicht alle herausragende Corporate Purpose Statements wagen Emotion. Dabei ist Emotion ein Schlüssel, um Menschen zu bewegen. Doch beim Thema Purpose ist es ein Drahtseilakt. Zu viel Emotion macht das Statement kaputt, und da ist eine klare Sachlichkeit eindeutig vorzuziehen.
Beispiel Red Bull: Menschen und Ideen Flügel verleihen.
Flügel verleihen ist etwas anderes als Inspirieren, auch wenn es etwas Ähnliches meint. Die Formulierung wendet sich an unsere Vorstellungskraft. Auch für dieses Statement gilt: Es ist inhaltlich offen. Was auch immer Red Bull sich vornehmen mag – es wird nicht inhaltlich eingeschränkt, nur emotional: Es muss Flügel verleihen.
5. Nutze den Imperativ!
Der Imperativ ist im Kontext von Corporate Purpose Statements eine Ausnahme – etwas für Mutige. Der Apple-Imperativ „Think different“ zählt zu den genialsten Formulierungen, die alles repräsentieren können – Purpose, Mission, Vision, Leitbild etc. Ein Imperativ demonstriert in jedem Fall Entschlossenheit, wie ein freundlicher Befehl – da geht’s lang.
Beispiel Nike: Just do it.
Nike braucht nur drei Worte, und jeder weiß, worum es geht. Und man geht davon aus, dass Nike diesen Claim nicht nur nutzt, um Kunden zu gewinnen, sondern die Gemeinschaft und den Planeten miteinbezieht
6. Klinge, wie du selbst!
Authentizität ist beim Purpose Statement fundamental wichtig. Es gibt Stimmen, die behaupten, es könne sein, dass die Konkurrenz unter Umständen mit dem exakt gleichen Purpose Statement operieren könnte und das wäre nicht schlimm. Im Gegenteil!
Beispiel Lego: Die Baumeister von morgen inspirieren und entwickeln.
Die Baumeister von morgen ist für mich die perfekte Formulierung, um das Lego-Erlebnis zu beschreiben. Ganz gleich, ob diese Baumeister in der Zukunft Häuser bauen oder Unternehmen oder weiterhin mit Lego arbeiten werden, etwa um als agile Coaches Teams zu bauen.
7. Zeige das große Bild!
Es gibt leider immer noch zu viele Unternehmen, die sich denken, Welt retten klingt doch gut, das schreiben wir als Purpose. Das Resultat: Schlechter Schlager. Anders sieht es aus, wenn das große Bild der Ausgangspunkt ist.
Beispiel Beyond Meat: We believe, there is a better way to feed the planet.
In diesem Corporate Purpose Statement von Beyond Meat ist das große Bild präsent. Wir wissen, Beyond Meat stellt pflanzenbasierte Burger und Würstchen her, Beyond Meat will damit gleich mehrere Probleme lösen – die Qualität der Nahrung verbessern, das Tierleid verringern, die Umweltbelastung reduzieren. Das „Wir glauben“ gibt dem Purpose darüber hinaus eine persönliche Note und lässt das Statement weniger hart klingen.
8. Benenne die Differenz!
Ähnlich wie bei Beyond Meat geht es auch hier um um eine starke Aussage über das, was für das Unternehmen Sache ist in der Welt.
Beispiel Dove: Schönheit sollte eine Quelle des Selbstvertrauens sein – nicht des Selbstzweifels.
Das ist eine klare Botschaft, ganz ähnlich wie bei Beyond Meat. Das Corporate Purpose Statement eröffnet zwei Wege, die von der Schönheit ausgehen. Wir verstehen, was sein sollte, was nicht sein sollte, auch wenn im Detail noch nicht wissen, was mit der Aussage gemeint ist.
9. Sei sozial!
Wenn es darum geht, die Gesellschaft oder das Leben der Menschen oder die Welt zu verändern, dann gehört das in diese Formulierung. Es ist genau der richtige Ort.
Beispiel IKEA: Den vielen Menschen einen besseren Alltag zu schaffen.
IKEA wählt zwar eine eigenwillige Formulierung, „den vielen Menschen“, doch diese betont, dass es wirklich darum geht, jeden mit den skandinavischen Möbeln zu erreichen. IKEA ist nicht der kleine Möbelmarkt nebenan, es ist der Möbelhersteller und -händler für die Welt. Und es geht auch nicht darum, Möbel für besondere Situationen oder Einsatzzwecke zu schaffen, sondern für den Alltag, für das tägliche Leben. Wer dieses Purpose Statement liest, ist sich über Reichweite und Tragkraft des Unternehmens bewusst. Und zugleich über dessen soziale Verantwortung.
10. Verändere, wenn nötig!
Ein Corporate Purpose Statement ist ein lebendiges Produkt. Wenn es einmal fixiert ist, dann sollte es eine Weile halten. Doch es kommen Zeiten, da macht es zutiefst Sinn, dieses Statement zu modifizieren. Manchmal geht es nur darum, ein Wort zu ändern, manchmal wird es Zeit für ein ganz neues Set an Worten.
Beispiel Patagonia: Patagonia is in business to save our home planet.
Dieses Purpose Statement kommt auf den Punkt, es ist eine starke Aussage und passt perfekt zu den Kaliforniern, die Aktivismus mit Unternehmertum verbinden. Doch dieses Purpose Statement ist neu, vorher hieß es über Jahrzehnte: Build the best product, cause no unneccesary harm, use business to inspire and implement solutions to the environmental crisis.
19 Worte statt 9 Worten, eine Reihe von Aussagen anstelle eines klaren Fokuspunktes. Es geht gar nicht darum zu sagen, welches Statement besser ist, sondern zu erkennen, welche Evolutionen möglich sind. Und sich zu trauen.