Flow ist ein Zustand, in dem wir so sehr von einer Tätigkeit erfüllt sind, dass nichts anderes mehr wichtig erscheint. Die Flow-Theorie des ungarisch-amerikanischen Psychologen Mihály Csíkszentmihályi ist ein Framework für persönliches Wachstum. Für Glück, Zufriedenheit, Produktivität. In diesem Beitrag findet ihr die Definition und Erklärung des Begriffs. Dazu Beispiele, die zeigen, wie Flow in der Praxis aussieht.
Was bedeutet Flow?
Flow beschreibt für Csíkszentmihályi eine „optimale Erfahrung“. Sie lässt sich an den besten Momenten unseres Lebens erklären, die eben nicht passiv sind, sondern aktiv. Körper und Geist strecken sich, um Ziele zu erreichen, die uns wichtig sind. Vielleicht wollen wir unseren eigenen Schwimmrekord brechen oder ein schwieriges Stück auf dem Klavier spielen, eine komplexe Strategie umsetzen oder ein Buch schreiben, das unsere Erkenntnisse zusammenfasst.
Es geht darum – unabhängig von äußeren Umständen –, unser Innenleben zu ordnen und auf ein Ziel auszurichten. Innere Unordnung ist für Csíkszentmihályi der Gegner von Flow. Schmerz, Furcht oder Wut erzeugen psychische Entropie. Sie reißen unsere Aufmerksamkeit an sich und verhindern dass wir so sehr in eine Tätigkeit eintauchen, dass wir die Welt um uns herum vergessen.
Flow erzeugt im Gegenteil Ordnung im Bewusstsein. In einer optimalen Erfahrung passt alles zusammen und ordnet sich dem angestrebten Ziel unter.
Was hat Flow mit Glück zu tun?
Flow ist Glück. Um unsere Leben besser und glücklicher zu gestalten, sollten wir nach Csíkszentmihályi die Qualität unserer Erfahrungen verbessern. Das bedeutet nicht, dass Geld, Gesundheit und Ruhm irrelevant für Glück sind. Doch in der Regel reichen sie allein nicht aus.
Ein wichtiger Punkt ist, Csíkszentmihályis Menschenbild zu verstehen. Er sagt, das Glück entsteht, wenn wir Komplexität, die wir bewältigen können, zu unserer Existenz hinzufügen. Wir malen komplexere Bilder, wir spielen besser Schach, wir managen komplexere Zusammenhänge. Wir werden in einem umfassenden Sinne immer besser in dem, was wir tun.
Und: Wir erweitern unser Verständnis der Welt. Eine der am häufigsten genannten Tätigkeiten, die Menschen glücklich macht und in einen Flow versetzt, ist übrigens das Lesen.
Welche sind die Komponenten von Flow?
Die Kombination folgender 8 Komponenten führt laut Csíkszentmihályi zu einem tiefen Glücksgefühl. Es entsteht entlang der Grenzen von Langeweile und Angst, wenn die Aufgabe, die wir uns vornehmen, zu unseren Fähigkeiten passt.
- Flow tritt auf, wenn wir uns eine Aufgabe vornehmen, bei der eine gute Chance besteht, dass wir diese auch bewältigen.
- Wir müssen uns auf das, was wir tun, konzentrieren können.
- Die Aufgabe enthält klare Ziele.
- Es gibt direktes Feedback, um zu lernen.
- Wir handeln engagiert und zugleich mühelos, vergessen die Sorgen des täglichen Lebens, die uns ablenken würden.
- Wir haben ein Gefühl von Kontrolle über das, was wir tun und fürchten das Scheitern nicht.
- Wir verlieren das Gefühl für uns selbst in dieser Tätigkeit.
- Unser Zeitgefühl geht verloren, Stunden erscheinen wir Minuten, Minuten wie Stunden.
Tritt all das ein, entsteht eine Erfahrung, die Csíkszentmihályi autotelisch nennt. Im Griechischen bedeutet „auto“ Selbst und „telos“ Ziel. Wir gehen einer Tätigkeit um ihrer selbst willen nach. Ein Beispiel: Wir unterrichten eine Klasse nicht, um die Kinder zu guten Menschen zu erziehen, sondern weil wir es genießen, Kinder zu unterrichten. Denn so richten wir maximale Aufmerksamkeit auf die Tätigkeit selbst anstatt auf ihre Folgen.
Was sind typische Flow-Tätigkeiten?
Jede Tätigkeit kann zu einer Flow-Tätigkeit werden. Künstler und Sportler werden häufig genutzt, um Flow zu illustrieren. Doch in Csíkszentmihályis Beispielgalerie finden sich ebenso Menschen wie Charles Lindbergh, der allein den Atlantik überflogen hat, oder Viktor Frankl, der vier Konzentrationslager überlebt hat. Bei ihnen geht es darum, das Flow-Erlebnis in einer stressigen oder feindlichen Umgebung allein durch Gedanken zu erschaffen.
Ein Tennisspieler vergisst die Welt um sich herum in einem Match mit einem ebenbürtigen Gegner. Die Augen sind nur noch auf den Ball gerichtet, jede Bewegung folgt dem einen Ziel: den Punkt zu machen, den Satz und das Match zu gewinnen.
Ein Schwimmer kann Flow erleben, wenn er rhythmisch durch das Wasser gleitet, seine Atmung und Bewegungen synchronisiert und dabei ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit und des Friedens empfindet.
„Je mehr Zeit jemand im Flow verbrachte, desto eher fühlte sie oder er sich stark, aktiv, kreativ, konzentriert und motiviert“
Ein Maler gerät in den Flow-Zustand, wenn er stundenlang an einem Gemälde arbeitet, völlig in die Farben und Formen vertieft ist und dabei das Gefühl für Zeit verliert. Jeder Pinselstrich fließt mühelos und kreativ auf die Leinwand.
Ein Projektmanager kann Flow erleben, wenn er ein komplexes Projekt leitet, bei dem alle Teammitglieder effektiv zusammenarbeiten und die Aufgaben reibungslos ablaufen. Der Manager ist völlig in die Koordination und Problemlösung vertieft und empfindet ein starkes Gefühl der Zufriedenheit.
Ein Führungskraft kann Flow erfahren, wenn sie sich intensiv mit der Entwicklung einer langfristigen Strategie beschäftigt, kreative Lösungen findet und dabei ein tiefes Gefühl der Kontrolle und Zielstrebigkeit empfindet.
Ein häufig verwendetes Beispiel sind Chirurgen, deren Job für Csíkszentmihályi Blueprint für eine Flow-Tätigkeit sind. Im OP gilt: Volle Konzentration, ein hellwaches Selbstvergessen, die Verdichtung von Raum und Zeit, höchste Präzision und das Gefühl, Herr des Lage zu sein.
Was verbindet Flow und Purpose?
Obwohl wir im Flow Erfahrungen von Stärke und Selbstbewusstsein machen, betont Csíkszentmihályi, dass Glück und Zufriedenheit mit beständigem seelischen Wachstum und persönlicher Entwicklung verknüpft sind. Wer sich immer wieder an die Grenzen begibt, vergrößert nicht nur seine Fähigkeiten, sondern auch seinen Resonanz- und Erfahrungsraum.
Ergibt sich aus Flow-Erfahrungen Purpose, ein höherer Sinn, dann besitzen wir etwas wie einen roten Faden, der magnetisch ist, der uns automatisch anzieht und unser Leben ausrichtet. Zwei Beispiele dafür finden sich bei Csíkszentmihályi: Napoleon und Mutter Theresa. Napoleon wollte Macht und Größe, Mutter Theresa wollte den Hilflosen helfen.